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Kältehilfe: Wie wird Obdachlosen im Bezirk Pankow geholfen?

Kleine Anfrage vom 16.02.2022

6. April 2022

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:

Im Winter nimmt die Zahl der Obdachlosen auf den Straßen Pankows merklich zu. Ende Januar 2020 wurden 1976 Obdachlose in Berlin gezählt, die korrekte Anzahl dürfte weit-aus höher sein. Die Restriktionen aufgrund der Coronapandemie schränkten die Zugänge zu Örtlichkeiten ein, bzw. müssen Bürger dezidierte Auflagen erfüllen, um diese Örtlich-keiten betreten zu dürfen.Ich frage das Bezirksamt Pankow von Berlin:

1. Welche Hilfsangebote für Obdachlose gibt/gab es im Bezirk Pankow? (Mit Bitte um Aufschlüsselung nach Verfügbarkeit: Kältehilfesaison und ganzjährigem Angebot.)Im Bezirk Pankow gibt es folgende Hilfsangebote: Kältehilfesaison 2021/2022 • Herz-Jesu-Kirchengemeinde mit 15 Plätzen in der Fehrbelliner Straße (immer montags), 9 Nächte 2021, 13 Nächte 2022 • GEBEWO gGmbH mit 80 Plätzen in der Storkower Straße (täglich), 53 Nächte 2021, 106 Nächte 2022 Ganzjähriges Angebot • Notübernachtung Straßenfeger e.V. in der Storkower Str. 139c (22 Plätze für Männer, 8 Plätze für Frauen) • Tagesstätte für Wohnungs- und Langzeitarbeitslose von der Immanuel Beratung in der Dunckerstraße im Prenzlauer Berg • Tagesstätte für Wohnungs- und Langzeitarbeitslose von der Heilsarmee in der Kuglerstraße im Prenzlauer Berg • Straßenfeger in der Storkower Straße und Oderberger Straße mit Essensausgabe • Franziskaner Kloster in der Wollankstraße mit Essensausgabe und Hygiene • Mobile Beratung und Unterstützung in Obdachloseneinrichtungen und Hostels in Pankow (Berliner Help Stiftung seit Januar 2021, vorher: Horizonte gGmbH) • Street Challenge – Mobile Straßensozialarbeit im Bezirk Pankow (Gewaltprävention, vorher: Horizonte gGmbH) seit 01.03.2022 • Duschmobil seit 15.03.2022 dienstags in der Grunowstr./Ecke Florastraße, 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr

2. Wie viele Übernachtungsplätze für Obdachlose stehen im Bezirk Pankow zur Verfügung? (Mit Bitte um Aufschlüsselung je Träger/Örtlichkeit und nach Kältehilfesaison sowie ganzjährigem Angebot.)Im Bezirk Pankow stehen folgende Übernachtungsplätze zur Verfügung: Kältehilfesaison 2021/2022 • Herz-Jesu-Kirchengemeinde mit 15 Plätzen in der Fehrbelliner Straße (immer montags), 9 Nächte 2021, 13 Nächte 2022 o 2021 135 Plätze insgesamt, 2022 195 Plätze insgesamt • GEBEWO gGmbH mit 80 Plätzen in der Storkower Straße (täglich), 53 Nächte 2021, 106 Nächte 2022 o 2021 4.240 Plätze insgesamt, 2022 8.480 Plätze insgesamt Ganzjährige Angebote • Notübernachtung Straßenfeger e.V. in der Storkower Str. 139c o 22 Plätze für Männer, 8 Plätze für Frauen

3. Wie hat sich das Platzangebot durch Corona verändert? (Mit Bitte um Aufschlüsselung je Träger/Örtlichkeit und nach Kältehilfesaison sowie ganzjährigem Angebot.)Kältehilfesaison 2021/2022 • Das Platzangebot verringerte sich durch andere Faktoren als Corona. Im Ver-gleich zur Vorsaison verringerte sich die Anzahl der angebotenen Plätze im Bezirk um ca. 54 Prozent. Ursächlich dafür sind folgende Gründe: o Die GEBEWO bietet statt 100 Plätze nur noch 80 Plätze an. o Das Übernachtungsangebot im Hostel Pfefferbett (Internationaler Bund) mit 90 Plätzen wird in dieser Saison nicht fortgeführt. Das Hostel wurde in der vorherigen Saison 2020/2021 auf Initiative von SenIAS eröffnet und beabsichtigt nun, entsprechende Plätze nicht mehr anzubieten. o Die Herz-Jesu-Kirchengemeinde bietet - wie in der letzten Kältehilfesaison – jeweils montags 5 Plätze an. Durch Lüftungs- und Trennmechanismen und Einhaltung der Auflagen des Landes Berlin ist das auch un-ter Coronabedingungen möglich. Die Teams der anwesenden Helfer:in-nen waren in Umsetzung der Coronaregelungen neu zuzuschneiden und zu verkleinern. Der Träger teilte mit, dass in der Kältehilfesaison 2020/2021 coronabedingt mehr als in den Vorjahren der Aufenthalt in geschlossenen Räumen von der Zielgruppe gemieden wurde. • Seit dem 18.11.2021 gibt es das Modellprojekt "Obdachlosen-Taskforce" von Karuna e.V.: o Die Kältehilfeeinrichtungen führen Testungen auf Corona durch. Fällt ein Fall positiv aus, finden Infektionstransporte mit dem Karuna-Taxi zu den Quarantäneeinrichtungen statt. Der Bedarf stieg im Herbst/Winter 2021/2022 coronabedingt an. Daher wurden weitere Einrichtungen aufgebaut (Ehemaliges Gelände der Karl-Bonhoeffer-Klinik mit ca. 30 Plätzen, Lehrter Str. mit ca. 36 Plätzen, Lietzenburger Str. mit ca. 30 Plätzen). Je nach Bedarf kann die Zahl der Quarantäneplätze auf 300 erhöht werden. • Obwohl das Platzangebot auch unter Coronabedingungen erhalten wurde, hat die Pandemie Einfluss auf die Kältehilfeeinrichtungen und Notübernachtungen: o Testungen werden durchgeführt, o Positiv getestete werden isoliert/an die Quarantäneeinrichtungen vermittelt, o Aufklärung bezüglich möglicher Impfungen werden vorgenommen, o Die Mitarbeitenden fallen mitunter aus, da sie selbst erkrankt sind.

4. Welche zielgruppenspezifischen Unterscheidungen gibt es bei den unter 2. aufgelisteten Übernachtungsmöglichkeiten?• Die GEBEWO gGmbH in der Storkower Straße 133A o richtet sich geschlechterübergreifend an volljährige obdachlose Personen bis 70 Jahre und beherbergt mehr als 26 verschiedenen Nationalitäten. • Die Herz-Jesu-Kirchengemeinde in der Fehrbelliner Straße o richtet sich ebenso an volljährige obdachlose Personen. Frauen haben die Wahl des Standortes für ihr Bett. • Die Notübernachtung Straßenfeger e.V. in der Storkower Straße 139C o richtet sich an obdachlose Männer, Frauen und Familien. Familien werden separat untergebracht. 5. Welche Regelungen gelten/galten bei den Hilfsangeboten für Obdachlose hinsichtlich einer möglichen Coronainfektion? Wie werden etwaige Kosten übernommen? In der überwiegenden Zahl der Einrichtungen werden die Bewohnenden regelmäßig getestet. Die Mitarbeitenden der Einrichtung informieren das Gesundheitsamt, falls ein Testergebnis positiv ausfällt. Die betroffenen Personen werden dann in der Einrichtung abgesondert. Eine Quarantäneeinrichtung für Menschen aus ASOG-Einrichtungen gibt es noch nicht (Die Quarantäneeinrichtungen in der Lehrter Str. 68 und in der Lietzenburger Str. 30 nehmen nur Straßenobdachlose auf, und das IBIS-Hotel nimmt gar keine Menschen aus Einrichtungen). In der Kältehilfe werden die Wohnungslosen vor Eintritt per Schnelltest getestet. Ist dieser positiv, wird ihnen der Eintritt verweigert. SenIAS übernimmt die Kosten für das Testen.

6. Welche Maßnahmen unternimmt/unternahm das Bezirksamt, um Obdachlosen Impfungen zukommen zu lassen und sie darüber zu informieren? Wie werden etwaige Kosten übernommen?Die Abteilung Soziales und Gesundheit organisierte mehrere Impfaktionen:• Am 27.10.2021 und 17.11.2021 fanden ganztägige Impftermine in der Einrichtung für Wohnungslose ABAS Soziales Wohnen in der Storkower Str. 114 statt. Das Zustandekommen der Aktionen beruht auf einer Zusammenarbeit von Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, JugWiSo Flüko Pankow, dem Gesundheitsamt Pankow, dem DRK, der Einrichtungsleitung des Wohnheims und IntMig. Davor hatte das Gesundheitsamt eine Umfrage zur Impfbereitschaft der Bewohnenden durchgeführt. Aushänge und Informationsbögen informierte in verschiedenen Sprachen. Dolmetscher:innen sorgten für einen reibungslosen Ablauf. Die Kosten für die Dolmetscher:innen wurden durch das Be-zirksamt Pankow übernommen. Die Kosten für den Impfstoff werden vom Bund übernommen. Die Kosten für das Impfteam trägt SENGPG. o Am 27.10.2021 wurden insgesamt 126 Menschen geimpft, davon waren 86 Erstimpfungen. Am 17.11.2021 wurden 150 von 150 vorhandenen Impfdosen verimpft. Hierbei handelte es sich um 76 Booster, 44 Zweit- und 30 Erstimpfungen. o Beide Aktionen waren für das Bezirksamt kostenlos. Am 27.10.2021 wurden die Impfungen durch vier Teams des Arbeiter Samariter Bundes durchge-führt. Direkt vor der Einrichtung war der Impfbus von SenGPG stationiert. Am 17.11.2021 war ein Impfteam der Johanniter im Einsatz. • Am 24.02.2022 fand in den Räumlichkeiten der Kleiderkammer des Franziskanerklosters Pankow in der Wollankstraße 18 eine Impfaktion gegen das Corona-Virus statt. Ein durch den Senat finanziertes mobiles Impfteam des Arbeiter-Samariter-Bundes kam zum Einsatz. Besucherinnen und Besuchern der Suppenküche und der Kleiderkammer des Franziskanerklosters wurde zur ersten, zweiten oder dritten Impfung das Vakzin von BioNTech/Pfizer angeboten. 22 Personen wurden geimpft (2 x Erstimpfung, 12 x Zweitimpfung, 6 x Erste Auffrischung, 2 x Zweite Auffri-schung). Das Franziskanerkloster informierte vorab über die Impfmöglichkeit. • Das Gesundheitsamt Pankow bietet einmal im Monat Corona-Schutzimpfungen im Franziskanerkloster an. Das Franziskanerkloster informiert die Gäste der Suppenküche und der Kleiderkammer über das Impfangebot. Die Termine werden außer-dem auf der Webseite des Gesundheitsamtes veröffentlicht und weiteren Einrich-tungen und Akteuren der Wohnungslosenhilfe in Pankow zur Bewerbung bekannt gegeben. • Anfang April ist eine Impfaktion mit einem senatsfinanzierten mobilen Impfteam in der Romain-Rolland-Straße 131 für die Wohnungslosen der Unterkünfte in der Ro-main-Rolland-Straße 131 und 135 geplant.

7. Welche Einrichtungen können warme Mahlzeiten für Bedürftige anbieten und welche Auflagen gibt es dahingehend?• GEBEWO gGmbH in der Storkower Straße 133A:o Für die Übernachtenden gibt es täglich ein Abendessen und ein Frühstück. Zusätzlich werden jeden Tag Lebensmittel, Getränke, Tee und Kaffee aus-gegeben. • Herz-Jesu-Kirchengemeinde in der Fehrbelliner Straße o Abendessen, Frühstück, Kaffee und Kuchen werden angeboten. • Notübernachtung Straßenfeger e.V. in der Storkower Straße 139C o Abendessen, Frühstück und Zwischenmahlzeiten werden für die Menschen in der Unterkunft angeboten. • Franziskaner Kloster in der Wollankstraße o Essensausgabe/Hygiene • Tagesstätte für Wohnungs- und Langzeitarbeitslose von der Immanuel Beratung in der Dunckerstraße im Prenzlauer Berg o Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Kuchen (kostenlos) • Tagesstätte für Wohnungs- und Langzeitarbeitslose von der Heilsarmee in der Kuglerstraße im Prenzlauer Berg o Zwei Mahlzeiten pro Tag mit geringer Kostenbeteiligung, davon mindestens ein warmes Essen sowie warme und kalte Getränke.

8. Insofern ein Coronaverdachtsfall in einer Einrichtung identifiziert wird/wurde, wie stellt das Gesundheitsamt eine ganztägige Verfügbarkeit sicher?Das Fachteam „Flucht und Obdachlosigkeit“ im Gesundheitsamt steht als Ansprechpartner zur Verfügung.

9. Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt eingeleitet, um sicherzustellen, dass die Anzahl der Übernachtungsmöglichkeiten 2022 nicht hinter 2021 und Vorjahre zurückfällt?Der Bezirk erhielt Anträge der GEBEWO gGmbH, der Herz-Jesu-Kirchengemeinde und dem Internationalen Bund. Diese drei Träger boten bereits in der Kältehilfeperi-ode 2020/2021 Übernachtungsplätze an: die Herz-Jesu-Kirchengemeinde 15 Plätze, der Internationale Bund 90 Plätze und die GEBEWO gGmbH 100 Plätze (im November als Übernachtungsangebot, im Zeitraum von Dezember 2020 und ab Januar 2021 als 24/7-Einrichtung).Der Internationale Bund zog seinen Antrag für 2022 zurück. Die GEBEWO gGbmH bietet in der aktuellen Kältehilfeperiode nur noch 80 Plätze an. Die GEBEWO koordiniert die berlinweite Kältehilfe. Das Sozialamt, die Wirtschaftsförderung und die GEBEWO gGmbH suchten erfolglos nach geeigneten Immobilien für die Kältehilfesaison in Pankow, um eine ausreichende Platzzahl zur Verfügung stellen zu können. Die Su-che wird dadurch erschwert, dass die Mietverträge zeitlich begrenzter geschlossen werden können. Der Bezirk verfügt nicht über eigene geeignete Immobilien.

10. Wie gestalten sich die Finanzierung und die Konditionen?Die Kältehilfeprojekte der GEBEWO gGbmH und der Herz-Jesu-Kirchengemeinde werden aus dem Produkt „VT- Bereitstellung von Notschlafplätzen in der Kältehilfeperiode durch freie Träger“ (Produktnummer 80682) gezahlt. Produktbeschreibung: In der Kälteperiode kommt es bei wohnungslosen/obdachlosen Menschen immer wieder zu Notsituationen bis hin zu finaler gesundheitlicher Gefährdung (Kältetod). Um dem entgegen zu wirken, werden als gesamtstädtische Aufgabe von den Bezirken Notschlafplätze von freien Trägern für Wohnungslose/Obdachlose in der von der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung zentral definierten Kältehilfeperiode (i.d.R. Ja-nuar bis April und Oktober bis Dezember) bereitgestellt und über bezirkliche Zuwendungen finanziert. Ein Kältehilfeplatz ist mit 17,10 EUR finanziert. Die Tagessätze werden bei weitem von den großen Einrichtungen überschritten, da hier z.B. externe Sicherheitsdienste oder Brandschutzwachen notwendig sind.

In den letzten beiden Haushaltsjahren wurden die Mehrausgaben basiskorrigiert, d.h. der Bezirk wurde durch die Mehrausgaben durch die Kältehilfe nicht belastet.2