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Einwohnerantrag: Das Wirken Robert Rössles historisch-kritisch würdigen

4. Mai 2022

Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin möge beschließen: 

Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin (BVV) spricht sich gegen die Umbenennung der Robert-Rössle-Straße im Pankower Ortsteil Buch aus. Das Bezirksamt wird stattdessen ersucht, unter Hinzuziehung der bezirklichen Gedenktafelkommission undunabhängiger Experten eine wissenschaftlich fundierte, historisch-kritische Kommentierung des Lebens und Wirkens von Robert Rössle zu erstellen und diese auf dem Grundstück Robert-Rössle-Straße 7, 13125 Berlin zu dokumentieren.

Der Ausschuss Weiterbildung und Kultur ist kontinuierlich zu informieren. Ihmist die entworfene Kommentierung abschließend vorzulegen.

 

Begründung:

Die Erinnerung an Robert Rössle muss nicht ausgemerzt werden. Er war keinHetzer und Mörder. Die von seinen Kritikern präsentierten Belege überzeugen nicht. Sie zeigen einen im Kaiserreich sozialisierten, konservativen Pathologen, der sich während der Zeit des Nationalsozialismus opportunistisch verhielt. Mehr nicht. Dafür jedoch ist er nicht geehrt worden. Robert Rösslewurde geehrt, weil er später, nach dem Krieg, gemeinsam mit Verfolgten des Naziregimes unter schwierigen Bedingungen die führende Krebsklinik der DDR aufbaute und entscheidende Impulse zur Gründung des Campus Buchs gab. Die Aufbauarbeit dieser Nachkriegskohorte gilt es zu würdigen.

In derVergangenheit ist in Deutschland viel verbrannt und verbannt worden. Es stehteinem demokratischen Staatswesen gut an, mit der Tradition der radikalenTrennungen zu brechen und differenziert zu argumentieren. Auch wir sind vor denAmbivalenzen des Lebens nicht immer gefeit. Robert Rössle und sein Leben eignen sich dafür, an diesen Sachverhalt zu erinnern. Der Straßenname soll deshalb bleiben. Die Stationen seines Lebens aber, unter Benennung von Licht und Schatten, sollen vor Ort auf einer Tafel oder Steele kenntlich gemacht werden, einschließlich der Positionen von Kritikern und Verteidigern. Für diese Chance eines zivilisierten Diskurses stehen sowohl die Mittel als auch das Grundstück bereit. Es wäre unklug, die Gelegenheit nicht zu nutzen.